Die Wuppertaler Friedhöfe stehen unter Druck: Die Bestattungskultur hat sich in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert. Sinkende Bestattungszahlen und zugleich eine deutliche Zunahme der Urnen-Bestattungen und der pflegefreien Grabstätten führen dazu, dass es auf den Friedhöfen immer mehr Frei-Flächen gibt.
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Außerdem werden viele alte Familiengrabstätten aufgegeben und die Nutzungsrechte an langjährigen Gräbern abgegeben. „In den 1970/80er Jahren waren wir voll belegt und es gab sogar Wartelisten. Heute ist das ganz anders: Immer mehr Angehörige entscheiden sich für die kostengünstigen und pflegeleichten Bestattungsvarianten. Das ist für uns eine große Herausforderung, weil wir die vorhandenen Flächen natürlich trotzdem pflegen müssen“, sagt Ingo Schellenberg, Verwaltungsleiter des evangelischen Friedhofsverbands Wuppertal.
Viele Friedhöfe in kirchlicher TrägerschaftIn anderen Städten stellt sich die Situation der Friedhöfe ganz ähnlich dar: Allerdings kommt für Wuppertal erschwerend hinzu, dass es außergewöhnlich viele Friedhöfe in kirchlicher Trägerschaft gibt.
Der einzige Friedhof in städtischer Hand befindet sich in Ronsdorf (s. Kasten). Eine weitere Herausforderung: Viele Gebäude und Flächen stehen unter Denkmalschutz und sind dadurch aufwändiger im Unterhalt.
„Die wirtschaftliche Situation der konfessionellen Friedhöfe in Wuppertal ist seit längerer Zeit dramatisch“, fasst Ingo Schellenberg zusammen. Die Folge ist ein hoher Investitions- und Sanierungsstau auf den Friedhofsflächen. Zumal sich der laufende Betrieb der Friedhöfe alleine über die Gebühren finanziert.
Schließung von FriedhofsflächenDie Schließung eines Friedhofs ist ein Verwaltungsakt, durch den weitere Bestattungen auf dem betreffenden Friedhof untersagt werden. Die durch die Widmung begründete Zweckbestimmung bleibt unberührt. Der Friedhof bleibt weiterhin ein Friedhof. Bestehende Nutzungsrechte bleiben in vollem Umfang erhalten. Der Friedhof ist weiterhin für die Öffentlichkeit zugänglich. Aber es besteht kein Anspruch mehr auf neue Nutzungsrechte. Das heißt: Der Friedhof wird in seinem gegenwärtigen Zustand "eingefroren" und die bestehenden Nutzungsrechte laufen aus. In dieser Zeit muss der Friedhofsträger insbesondere die Verkehrssicherheit der gesamten Friedhofsanlage sicherstellen.
Fristen: Es muss der Ablauf der letzten Nutzungszeit abgewartet werden, bevor die Schließung abgeschlossen ist. Dies bedeutet in der Regel, dass ein Zeitraum von 25 bis 40 Jahren abgewartet werden muss.
Weitere Sanierungsmaßnahmen sind notwendigDer Evangelische Friedhofsverband hat auf diese Entwicklung mit einem Sanierungsplan reagiert: So wird unter anderem die Gebührenordnung stufenweise angepasst. Außerdem hat der Friedhofsverband die beiden Friedhöfe an der Hochstraße verpachtet und das Angebot der pflegefreien Grabanlagen erweitert.
„In den kommenden Jahren müssen wir Friedhofsflächen schließen. Nur mit diesem schmerzhaften Schritt können wir die übrigen Friedhofsflächen für Angehörige und Besucher attraktiv halten oder sogar verschönern.
Wir wissen, wie aufreibend das Thema für Betroffene sein kann. Darum werden wir selbstverständlich sensibel damit umgehen und frühzeitig kommunizieren, welche Flächen konkret betroffen sein werden“, sagt Ingo Schellenberg, Verwaltungsleiter des evangelischen Friedhofsverbands Wuppertal. Insgesamt steht die Hälfte der Wuppertaler Friedhofsflächen auf dem Prüfstand, so Schellenberg weiter. (s. Infokasten)
Entwidmung
Die Entwidmung ist ein gestaltender Verwaltungsakt, durch den der Friedhof seinen Charakter als öffentliche Begräbnisstätte völlig verliert. Der Friedhof bekommt seine volle Verkehrs- und Verwendungsfähigkeit wieder und kann somit auch anderen öffentlichen oder privaten Zwecken zugeführt werden. Die Entwidmung hat weitergehende Folgen als die Schließung. Das heißt es werden Grabsteine und Einfassungen entfernt und die Gräber eingeebnet. Vor der Entwidmung muss nach Ablauf aller Nutzungsrechte zusätzlich eine Pietätsfrist von mindestens zehn Jahren eingehalten werden.
Elberfelder Friedhöfe besonders betroffenBesonders schwer trifft diese Entwicklung die vier Elberfelder Friedhöfe (Hochstraße reformiert und Hochstraße lutherisch, Am Bredtchen und Krummacher Straße). Die vier dazugehörigen Gemeinden hatten die Verwaltung ihrer Friedhöfe lange Zeit selbst verantwortet und beauftragten den Friedhofsverband erst 2016 mit deren Verwaltung.
Im Bestreben, die Bestattungskosten so niedrig wie möglich zu halten und die Gebühren nicht zu erhöhen, wurden in den Vorjahren viele notwendige Unterhaltungsarbeiten auf den Friedhofsflächen nicht durchgeführt. Das hatte zur Folge, dass im Laufe von 20 Jahren ein Sanierungs-Stau von rund 13 Millionen Euro entstanden ist.
Die Gemeinden müssen in den kommenden vier Jahren anteilig zirka fünf Millionen Euro für dringend notwendige Sanierungsmaßnahmen aufbringen. Diese Mittel stellen die Gemeinden dem Friedhofsverband zur Verfügung.
Dann werden die betroffenen Gemeinden dem Evangelischen Friedhofsverband beitreten und ihm die Verwaltung der Friedhöfe endgültig übergeben (geplant in Januar 2020).
Neue Perspektiven für die FriedhöfeGleichzeitig sollen neue Perspektiven für die zu schließenden Friedhofsflächen entwickelt werden: „Wir wollen das Thema Tod und Leben und Hoffnung auf die Auferstehung wieder in die Mitte des Lebens zurückholen und die verbleibenden Flächen stark machen.
Trauerpfade, naturbelassene Flächen mit Bienenweiden, Urban Gardening oder Lehrpfade für Schulen – hierzu gibt es bereits viele spannende Ansätze“, sagt Superintendentin Ilka Federschmidt.
Die entsprechenden Fachstellen der Stadt stehen dabei bereits beratend zu Seite, so Federschmidt. „Wir hoffen auch auf Unterstützung der Stadt, wenn es um Gestaltung und Pflege der geschlossenen Flächen geht. Schließlich halten wir Friedhofsflächen für alle Menschen in der Stadt vor, unabhängig von der Religionszugehörigkeit. Damit übernehmen wir als Kirche eine wichtige öffentliche Verantwortung für die Stadt Wuppertal.“
Hintergrund Wuppertal hat so viele „aktive“ Friedhöfe wie kaum eine andere Stadt (43 Friedhöfe insgesamt, davon 24 evangelische, 14 katholische und ein kommunaler Friedhof).Im Gegensatz zu anderen Städten, wo es häufig einen großen kommunalen Friedhof gibt, werden in Wuppertal (bis auf einen) alle Friedhöfe konfessionell verwaltet, das ist also eine außergewöhnlich hohe kirchliche Trägerschaft. Viele Gebäude und Flächen auf den Friedhöfen stehen unter Denkmalschutz. Der Betrieb der Evangelischen Friedhöfe kostet pro Jahr rund neun Mio. Euro.