Neue alte Schätze

Wort von Superintendentin und Stadtdechant zur Corona-Situation, auch erschienen in Westdeutscher Zeitung und Wuppertaler Rundschau.

Liebe Menschen in unseren Gemeinden und in unserer Stadt,

liebe Leserinnen und Leser,

in diesen Tagen wird uns vielleicht erst bewusst, was für ein Schatz es ist, dass eine christliche Gemeinde sich versammeln kann. Wir lernen es, weil wir es nun vermissen. „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“ verspricht Jesus im Matthäusevangelium.

Aber genau das, sich leibhaftig in seinem Namen zu versammeln, Gottesdienst auf diese Weise feiern, geht in diesen Tagen nicht. Wir lernen aber auch neu, was für ein Schatz es ist, das eine christliche Gemeinde sich ganz anders vernetzen kann und eine Verbindung hat, die weit über die leibliche Versammlung hinaus geht. Telefon und Internet, und auch der altmodische Brief, bieten uns da als menschliche Hilfsmittel segensreiche Möglichkeiten. Auch die diakonische nachbarschaftliche Hilfe.

Im Gebet verbunden mit Gott

Aber vor allem gibt es eine Verbindung, die eine große Macht hat, die wir immer wieder unterschätzen: Das Gebet. Gott selber gibt dem Gebet diese Macht. Im Gebet sind wir verbunden mit ihm, im Gebet will er uns erreichen, im Gebet dürfen wir ihn in unsere Gegenwart rufen. Im Gebet vertrauen wir ihm die Belastungen an, die die Corona-Erkrankungen für Einzelne und unsere Gesellschaft bedeuten. In der Bitte für andere, in der Fürbitte, weitet sich unser Horizont über die eigene Situation hinaus zu anderen, auch zu den Schicksalen anderswo auf unserer Erde.

Ein betendes Netzwerk

Was wäre das, jeden Sonntag zur sonst üblichen Gottesdienstzeit wissen zu dürfen: Jetzt beten mit mir, mit uns, tausende und abertausende von Menschen, eine riesige Gemeinschaft im Gebet, in der wir unsichtbar verbunden sind. Gott wird sich auf ehrliche, hörende, bittende und dankende Gebete hin erweisen. Auch in diesem betenden Netzwerk ist Jesus Christus mitten unter uns.

Wir bitten Sie, in dieser großen Gebetsgemeinschaft mitzuwirken und auf Gottes Wirken zu vertrauen, jederzeit, aber vielleicht gerade zu Ihrer gewohnten Gottesdienst-Zeit am Sonntag. Das untenstehende Fürbittengebet von Pfarrerin Sylvia Bukowski lädt Sie in diesem Sinn ein, mit zu beten und in die Fürbitten einzustimmen.

Gott behüte Sie und Ihre Lieben und unsere Stadt!

Pfarrerin Ilka Federschmidt

Superintendentin Kirchenkreis Wuppertal

Pfarrer Dr. Bruno Kurth

Stadtdechant im Stadtdekanat Wuppertal

FÜRBITTENGEBET

...und weck in uns Kräfte zum Guten!

Du, unser Gott,

was wir bisher weit weg von uns glaubten hat uns erreicht:

ein Virus, das so bedrohlich ist,

dass es die gewohnte Ordnung im Land durcheinanderbringt

und unser Leben spürbar einschränkt.

Viele von uns haben Angst vor dem,

was noch werden kann.

Viele wissen nicht, wie sie schaffen sollen, was nun verlangt ist.

Viele bangen um ihre wirtschaftliche Existenz.

Gott,

alles ist so ungewohnt,

und wir können nicht einmal mehr zusammenkommen,

um uns im Gottesdienst stärken zu lassen.

Wir denken an die Infizierten,

die in Quarantäne warten,

was auf sie zukommt:

Lass sie den Beistand erhalten,

den sie brauchen.

Wir bitten dich für die Erkrankten,

die um ihr Leben kämpfen müssen:

Halte deine Hand schützend über sie

und bewahre denen, die sie behandeln und die sie pflegen

ihre Kraft und Menschlichkeit.

Wie gut,

dass so viele ihr Wissen einsetzen,

um das Virus zu bekämpfen:

Lass ihre Erkenntnisse allen Menschen zugutekommen,

und gib denen, die jetzt entscheiden müssen,

wie es weitergeht,

Weisheit, Mut und einen Blick für die,

deren Leben sich dadurch ändert.

Gott,

stärke den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft,

weite unseren Blick für die,

die uns gerade jetzt brauchen,

und lass uns über die Sorge um das eigene Leben

nicht die vergessen,

die schlimmer dran sind,

die keine Hilfe erfahren,

die an den Grenzen Europas um ihr Überleben kämpfen.

Bring uns in dieser Krise zur Einsicht für das,

was im Leben wirklich zählt,

und weck in uns Kräfte zum Guten.

Amen

text auch erschienen in der WZ (20.03.) und in der WR (21.03.)

foto: archiv kirchenkreis/tim polick